Existenzgründung 7. Teil
Krisen in Unternehmen führen oft in die Insolvenz. Dies betrifft große
wie auch kleine Unternehmen.
In der Betriebswirtschaftslehre hat man sich in den letzten Jahren mit
diesem Phänomen beschäftigt und festgestellt, dass Krisen in mehreren
Phasen verlaufen und schon früh hätten erkannt werden können.
Aus dieser Erkenntnis heraus hat der Gesetzgeber verfügt, dass Kapitalgesellschaften ein Krisenfrüherkennungssystem implementieren
müssen.
Nun, spätestens seit Corona, Energiekrise und Kaufkraftverlust ist es allen Unternehmen bekannt, dass egal wie groß oder klein diese sind, sie von
einer Krise getroffen werden können. Daher sollte ein solches Früherkennungssystem auch kleinen Unternehmen eigen sein.
Aus meiner Praxis heraus, habe ich erkennen können, dass alle Mandanten die in einer Krisensituation zu mir kamen, diese erst erkannten, als sich diese bereits im dem Stadium einer Liquditätskrise befand.
Eine solche existenzgefährdende Situation sollte natürlich vermieden werden und eine sich anbahnende Krise bereits in einem
frühen Stadium erkannt werden.
Was sind die Symptome?
Für große Unternehmen gibt es hierzu umfangreiche Literatur; doch ein Solounternehmen oder ein Kleinstunternehmen wird hier leider nicht dargestellt. Daher versuche ich hier eine "Übersetzung" für diese vorzunehmen.
Es ist eine Unterteilung in qualitative und quantitative Symptome möglich.
Qualitative Symptome
Im Vergleich zu deinem Businessplan, den du seinerzeit erstellt hast, ist einiges verloren gegangen. Soll heißen, die Außenwirkung deines Unternehmens ist nicht mehr die, die sie einst war. Der Kunde sollte im Mittelpunkt stehen, du wolltest einen Service
rund um dein Produkt/deine Dienstleistung anbieten, du wolltest eine gute Kommunikation zu deinen Kunden, deinen
Mitarbeitern und deinen Geschäftspartnern pflegen; du wolltest dein Produkt/deine Dienstleistung weiterentwickeln und neue
Märkte erschließen u. a. .
Quantitative Symptome
Hier ist natürlich der Umsatzrückgang an erster Stelle zu nennen. Dann schwindende Auftragsnachfragen, die Anzahl der Reklamationen und Rechnungskürzungen, abnehmende Kreditwürdigkeit oder auch das deine Kapazität an Arbeitszeit nicht ausgelastet ist.
Doch was ist passiert? Hast du dir zuviel vorgenommen? Hat dich ein Misserfolg blockiert? Denkst du, dass du einem Vergleich
mit anderen Unternehmen deiner Branche nicht standhältst? Hast du Probleme im privaten Umfeld, die dich ablenken?
Oder ist es etwas anderes?
Egal was es ist, wichtig ist allein, dass du diese Veränderung zu deinem eigentlichen Plan bewusst wahrnimmst und entsprechend handelst. Eine Ursache kann viele Wirkungen haben, was dann dazu führt, dass es mehrere Baustellen gibt an denen gearbeitet
werden muss. Doch wie bei einem Haus, wenn es regelmäßig instandgehalten wird, können Schäden erkannt werden wenn sie
noch klein sind und mit wenig Aufwand kann Schlimmers vermieden werden.
Wie kann ich diese Symptome erkennen?
Für die qualitativen Symptome empfiehlt es sich einen Fragenkatalog zu erstellen. Dieser könnte folgende
Punkte enthalten.
- Identifiziere ich mich als Unternehmer noch mir meinem Unternehmen?
- Arbeite ich mit Freude oder nur nach Schema?
- Bin ich bereit andere Wege zu gehen um Kunden zu gewinnen als bisher?
- Steht der Kunde noch für mich im Mittelpunkt?
- Entwickle ich mein Produkt/meine Dienstleistung weiter?
- Suche ich nach neuen Zielgruppen?
- Beobachte ich die Konkurrenz?
- Informiere ich mich über neue Innovationen?
- Verfolge ich geopolitische Veränderungen?
- Wie gehe ich mit Kundenbeschwerden um, frage ich die Kundenzufriedenheit nach?
- Stimmt die strategische Ausrichtung meines Unternehmens noch mit den Marktgegebenheiten überein?
- ...
Ein solcher Fragenkatalog zielt darauf ab, sich mit den daraus resultierenden Ergebnissen kritisch auseinander zu setzen und Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.
Für die quantitativen Symptome kann man als erstes auf seine Liquditätsplanung zurückgreifen, die wie bereits angesprochen,
über einen Zeitraum von zwei Jahren geführt werden sollte.
Wenn du diese in drei Spalten aufteilst (Budget, Plan, Ist), dann kannst du Veränderungen sehr gut nachvollziehen - auch in der Zukunft. Das Budget nimmt hier den Platz deines ursprünglichen Planes ein. Der Plan spiegelt die Veränderungen wieder, die
durch verschiedene Ereignisse eingetreten sind oder eintreten werden. Erstens erkennst du, in welcher Situation dein
Unternehmen geraten kann, wenn du nichts änderst und zum zweiten kannst du hier schnell feststellen wo es Abweichungen
zu deinem "ursprünglichen" Plan gibt und du kannst ohne Zeitverlust nach Möglichkeiten suchen, um die Ursache dieser Abweichungen zu finden sowie Maßnahmen ergreifen, damit dein Unternehmen weiter im sicheren Fahrwasser verbleibt.
Beide hier genannten Ansätze haben zum einen den Vorteil, dass sie Krisenvorläufer erkennen und es so ermöglichen, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Zum anderen basieren sie aber auf der Vergangenheit und müssen mit der Zukunft verbunden werden.
D.h., es muss also eine Krisenfrüherkennung aufgebaut werden, die schon im Voraus zukünftige Entwicklungen erkennt und
ihre Auswirkungen auf dein Unternehmen abbildet. Dies kann z. B. über die Beobachtung von schwachen Signalen geschehen.
Hierbei handelt es sich um einen strategischen Ansatz. Es ist eine Konzentration auf Veränderungen in der Umwelt, die das Unternehmen positiv wie auch negativ verändern können.
Dabei kann es sich um eine technische Veränderung handeln, die letztlich Einfluss auf die Art der Vermarktung deines Produkts/
deiner Dienstleistung haben könnten oder Einfluss auf deine Zielgruppen ausüben. So kann muss dasselbe weiterentwickelt
werden um noch diese Zielgruppe zu bedienen. Wenn du eine solche Entwicklung sehr früh erkennst, dann kannst du eine
Marktnische besetzen, die andere noch garnicht als solche erkannt haben. Einerseits, verhinderst du, dass dein Unternehmen
brüsk in eine neue Situation gerät und du schnell reagieren musst um nicht gefährdet zu sein und andererseits, kannst du dein
Unternehmen in eine gute Marktposititon stellen und es garnicht erst zu einer Krise kommen lassen.
Du agierts also!
Ein Beispiel wäre hier die Verdrängung des Einzelhandels durch den Onlinehandel, hervorgerufen durch die Möglichkeiten die
das Internet bietet. Aber auch anderes kann als schwaches Signal wahrgenommen werden. Z. B., die Diskussion über die
Zinspolitik innerhalb der EU. Eine Reaktion wäre dazu, dass z. B. Investitionen, die fremdfinanziert werden müssen,
vorgezogen oder zurückgestellt werden und zusammen mit der Bewertung des Zinsänderungsrisikos Eingang in deine
Finanzplanung findet.
Solche schwachen Signale sind also Informationen die subjektiv sind, sich verändern können. verdichten, harmlos für dein Unternehmen sein können oder sich zu einer realen Gefahr entwickeln oder aber auch zu einer Chance.
In der Praxis sollte diese Methode sehr einfach gehalten werden. Wenn dir etwas in deinem Umfeld auffällt oder du eine
Information erhältst die wichtig sein könnte, notiere diese in deinen Unterlagen zu deiner Krisenfrüherkennung.
Und wenn du diese, in deinem Turnus, wieder vornimmst, fügst du Veränderungen die eingetreten sind dazu. Sollten sich
die Signale verstärken, dann musst du dir mehr Informationen darüber einholen und Szenarien - in die dein Unternehmen
gelangen kann - durchrechnen.
Und damit sind wir auch schon bei den Szenarioanalysen angelangt. Bei dieser Methode werden verschiedene mögliche
Szenarien, die sich bei einer bestimmten Entwicklung abspielen könnten, untersucht. Dies eignet sich nicht direkt um eine
Krise früh zu erkennen, wohl aber dazu Hinweise zu geben, was verschiedene Ereignisse für Auswirkungen auf dein
Unternehmen haben könnten und wie du dafür Vorsorge schaffen kannst. Dafür brauchst du deine Liquiditäts- und Finanzplanung sowie die Analyse aus den qualtitativen Symptomen und die Auswertung der "schwachen Signale".
Hierbei konzentrierst du dich auf mögliche Szenarien die sich negativ auf dein Unternehmen auswirken können. Dabei beachtest
du auch, dass nicht nur ein Einflussfaktor betrachtet wird sondern auch das zeitgleiche Eintreten mehrerer. Fragestellung dabei
ist, welche Auswirkungen hätten diese Einflüsse auf mein Unternehmen? Könnte mein Unternehmen ohne größere Probleme überleben oder müssen Vorkehrungen getroffen werden um dies zu garanieren?
Wie gehst du am Besten vor?
Liste alle Risiken auf und qualifiziere diese (Eintrittswahrscheinlichkeit, eventuelles Schadensmaß o. a.). Diese Einschätzung
muss nicht mathematisch erfolgen, dies kann subjektiv eingeschätzt werden. Hast du z. B. Informationen darüber, dass
einer deiner großen Kunden in Zahlungsschwierigkeiten ist, die auch schon über einen längeren Zeitraum anhalten - dann
wird die Gewichtung dieses Risikos höher ausfallen als z. B., die eventuelle Erhöhung der Preise für Material, welches du
nun anderswo einkaufst - da dir der Marktpreis bekannt ist und dieser ungefähr bei dem liegt den du bisher entrichtet hast.
Mit dieser Einschätzung gehst du zunächst in deine Liquiditätsplanung und gleichst entsprechend deine zukünftig zu
erwartenden Umsätze wie auch Kosten, in der Spalte Plan, an. So erfährst du am Ende, wo dein Unternehmen bei Eintritt
deiner Einschätzung stehen wird und über welchen Zeitraum eine ausreichende Liquidität gegeben ist. D. h., wieviel Zeit dir
bleibt um gegenzusteuern. Es handelt sich also um eine ganzheitliche Betrachtung von Risiken.
Um diese Szenarioanalyse durchführen zu können eröffenen sich für dich drei Möglichkeiten. Entweder du machst es selbst
oder du sprichts deinen Steuerberater an (sofern du einen hast). Einige verfügen über eine dafür vorgesehene Software.
Diese ist für die Durchführung einer sogenannten Monte-Carlo-Simulation vorgesehen. Meist wird dies aber bei einem
Steuerberater nur bei mittelständischen Unternehmen durchgeführt, da dabei hunderte bis tausdende Einflussfaktoren
einbezogen werden. Und dann hast du natürlich auch die Möglichkeit dich an deinen Unternehmensberater zu wenden.
Dieser sollte über die notwendigen Kenntnisse verfügen. Erfahren kannst du dies meist schon auf seiner Internetseite, wo
Ausbildung und beruflicher Werdegang skizziert sind. Sicher bist du auf jeden Fall, wenn du eine Berater auf der Internetseite
der BAFA suchst. Denn die Berater sind zertifiziert und du hast den Vorteil, dass du einen Zuschuss erhalten kannst.
Zum Abschluss möchte ich noch anführen, dass es gerade bei Solo- und Kleinstunternehmen ein sehr wichtiger Einflussfaktor vergessen wird; und das ist der Unternehmer selbst. Was ist wenn er erkrankt, starken seelischen Belastungen, z. B. durch Ereignissen in der Familie, ausgesetzt ist oder gar verstirbt. Auch dies muss Eingang in die Krisenfrüherkennung und entsprechendene Krisenvorsorge finden.
Fazit
Krisen könen kleine und große Unternehmen gleichermaßen treffen. Sogar Marktführer - siehe Nokia -. Die hier vorgestellten
Methoden sollen dir helfen, Krisen so früh wie möglich als solche zu erkennen, Vorsorge zu treffen und Zeit zu gewinnen um gegenzusteuern. Sie sollen auch helfen Chancen zu erkennen und das du dein Unternehmen besser am Markt positionierst. Eine Krisenfrüherkennung und -vorsorge liegt in deinem Eigeninteresse.
Solltest du bereits einen beruflichen Mentor haben, dann nutze seine Erfahungen und Kenntnisse und erarbeite mit ihm zusammen dein, auf dich und dein Unternehmen zugeschnittenes Krisenfrüherkennungssystem.
Ja, es ist keine kleine Arbeit die dich erwartet, doch du wirst lernen deine Sinne für das was um dich herum geschieht zu schärfen
und dann, später, mit Freude sehen, dass du dein Unternehmen besser gegen die Unbilden seines wirtschaftlichen Umfelds
schützt und Nutzen daraus ziehst.
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