Ab dem 01.04.2022 treten einige Änderungen im
Statusfeststellungsverfahren in Kraft.
Was ist das für ein Verfahren?
In diesem Verfahren wird festgestellt, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegen.
Es wird also geklärt, ob eine sogenannte Scheinselbständigkeit vorliegt.
In diesem Artikel spreche ich beide Seiten eines Auftrags an, da Unternehmen
einerseits Auftraggeber sein können aber andererseits auch Auftragnehmer und
in beiden Konstellationen sich plötzlich als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer
wiedererkennen.
In der Neufassung des § 7a des Sozialgesetzbuches - Viertes Buch - gibt es vier entscheidende Änderungen auf die ich
hier im Einzelnen eingehen möchte. Doch ich möchte auch darauf hinweisen, dass dieser Artikel keine Rechtsberatung
ist. Es handelt sich lediglich um eine kurze Wiedergabe der Änderungen des § 7a SGB IV, welche ich mit der Clearingstelle
abgestimmt habe. Ich empfehle auf jeden Fall, sich entweder anwaltlich beraten zu lassen oder sich mit seinen Frage
direkt an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu wenden. Jedes Vertragsverhältnis ist individuell und muss immer
in seinem Kontext betrachtet werden, vorallem da hier die tatsächliche Vertragsumsetzung im Mittelpunkt einer Beurteilung
durch die Deutsche Rentenversicherung Bund steht. Also muss auch immer beachtet werden, dass der Vertragsinhalt
in seiner Gänze so in der Realität abgebildet wird. Prinzipiell, rechtliche Beratung und strikte Vertragstreue sind hier Grundsatz.
Die Änderungen in diesem Gesetz wurden im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 46 veröffentlicht; nachzulesen ab Seite 21.
1. Feststellung des Erwerbsstatus
Schon im Wechsel der Bezeichnung des § 7a ist eine dieser Änderungen zu ersehen. Bisher war dieser betitelt mit
"Anfrageverfahren" nunmehr heißt es hier "Feststellung des Erwerbsstatus".
Was hießt das in der Praxis?
Bisher war ein Statusfeststellungsverfahren auch mit der Frage der Sozialversicherungspflicht verbunden. Dies ist nun
nicht mehr so. Bislang war es auch möglich, dass eine Feststellung des Erwerbsstatus nicht erfolgte, da eine
Sozialversicherungspflicht aus anderen Gründen zu verneinen war. Z. B., wenn ein Minijob vorlag (denn dann gab es keine
Sozialversicherungspflicht). In dem Verfahren, welches bis zum 31.03.2022 gültig ist, wurde auch festgestellt, falls eine Sozialversicherungspflicht vorlag, in welchen Zweigen diese Versicherungspflicht besteht.
Dies erfolgt ab dem 01.04.2022 nicht mehr. Die Folge für den Arbeitgeber (Auftraggeber) ist nun, dass er selbst entscheiden
muss wo Versicherungspflicht besteht bzw. nicht besteht.
Beispiel:
In einem Unternehmen fällt, krankheitsbedingt, die Sekretärin aus. Für diese Zeit wird ein Vertrag mit einem Büroservice
abgeschlossen. Bei diesem Büroservice handelt es sich um ein Einzelunternehmen ohne Beschäftigte. Nach der Entscheidung
der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund liegt hier eine abhängige Beschäftigung vor, weil nicht
weisungsfrei gearbeitet wird und eine Einbindung in die Arbeitsorganisation vorliegt. Also eine "Beschäftigung".
Das Unternehmen hat nun zu entscheiden in welchen Sozialversicherungszweigen Versicherungspflicht vorliegt oder auch
Versicherungsfreiheit beseht.
Diese Entscheidung kann nicht von jedem Unternehmen geleistet werden und der Gang zum Steuerberater erübrigt sich
ebenfalls, da das Bundessozialgericht eine sozialversicherungsrechtliche Beratung durch Steuerberater verboten hat.
Begründet wurde dies damit, dass ihnen die notwendigen Kenntnisse fehlen.
In verschiedenen Abhandlungen zu diesem Thema wurde die Empfehlung gegeben eine diesbzgl. Entscheidung der
zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) durch Beantragung eines Einzugsfeststellungsverfahrens, nach
§ 28h Abs. 2 SGB IV einzuholen. So ist man auf der rechtssicheren Seite und muss keine Befürchtungen vor den
Konsequenzen einer falschen Entscheidung hegen bzw. durch Überzahlung seine Liqudität belasten.
2. Statusfeststellung auch im Dreiecksverhältnis möglich
Bisher war im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens eine Klärung eines Dreiecksverhältnisses nicht möglich.
Es mussten zwei Verfahren angestrengt werden.
Was ist mit einem Dreiecksverhältnis gemeint?
In verschiedenen Veröffentlichungen dazu wird dies wie folgt dargestellt:
Ein Dreiecksverhältnis besteht beispielsweise, wenn ein Dienstleister (Auftraggeber) einen Spezialisten
(Auftragsnehmer) bei einem Dritten (Endkunden) im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages einsetzt.
Ziel der Prüfung hier, ist es festzustellen ob eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt oder ein echter
Dienst- oder Werkvertrag.
Beispiel:
An ein Unternehmen der Gebäudereinigung wird von einem Stammkunden der Auftrag gegeben in einem neuen
Gebäudekomplex einige Räumlichkeiten speziell zu reinigen und zwar täglich. Der Auftragnehmer verfügt selbst nicht
über die, für diese Reinigung, erforderliche Ausbildung und vergibt einen entsprechenden Auftrag an ein
Einzelunternehmen, welches für diese Arbeiten qualifiziert ist. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein
Einzelunternehmen - ohne Mitarbeiter -, es hat Schlüsselgewalt und da es keine festen Reinigungszeiten gibt, unterliegt
es den Weisungen des Stammkunden der Gebäudereinigung, welche den Auftrag angenommen hat.
Vor diesem Hintergrund kann, bei einem Statusfeststellungsverfahren, erkannt werden das eine verdeckte
Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.
Solche Konstellationen können nunmehr in einem Verfahren festgestellt werden. Neu ist ebenfalls, dass der "Endkunde"
ein Statusfeststellungsverfahren einleiten kann. In einem solchen Fall wird der Auftraggeber wie auch der Auftragnehmer
automatisch mit einbezogen - auch gegen ihren Willen.
3. Prognonseentscheidung
Bisher war ein Statusfeststellungsverfahren erst nach der Aufnahme der Tätigkeit durchführbar. Begründet wurde dies
damit, dass die tatsächliche Vertragsumsetzung zu beurteilen ist. Dies ist auch weiterhin so. Doch nunmehr kann dies auch
vor der Aufnahme der Tätigkeit geschehen. Voraussetzung dafür ist aber das die Umstände unter denen das
Vertragsverhältnis zustande kommt sehr konkret sein müssen. Sind sie dies nicht, kann der Antrag abgelehnt werden.
Sollten sich Veränderungen ergeben im Vertrag oder in den Umständen der Vertragsdurchführung, bis zu einem Monat nach
Aufnahme der Tätigkeit, müssen diese umgehend mitgeteilt werden. Sollten sich wesentliche Änderungen ergeben, kann die
getroffene Entscheidung aufgehoben werden.
Und was sehr wesentlich ist, ist der letzte Satz dieses Absatzes:
"Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse."
D. h., dass dann, Beitragsrückzahlungen oder Beitragsnachzahlungen fällig werden.
Wenn sich Änderungen aber erst nach einem Monat ergeben, gelten, nach allgemeinen Verlautbarungen, die allgemeinen
Vorschriften zur Aufhebung des Verwaltungsaktes. Ob dieser nur für die Zukunft aufgehoben wird oder aber für die
Vergangenheit muss jeweils im Einzelfall geprüft werden.
4. Gruppenfeststellung
Dies ist interessant für Auftraggeber. Im Gesetz wird hierzu ausgeführt:
"Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf
Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbssatus von Auftragnehmern im gleichen Auftragsverhältnis . ..."
Dieses Gutachten muss der Auftraggeber dann bei Vertragsabschluss dem Auftragnehmer aushändigen.
Somit muss nicht bei jedem Vertragsabschluss mit einem Auftragnehmer der in einem gleichen Auftragsverhältnis steht
wie ein anderer Auftragnehmer ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden.
Doch dies gilt auch im umgekehrten Fall. Dazu heißt es:
" Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit dem selben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche
Äußerung beantragen."
Dies ist sinnvoll, wenn man einen als Auftragnehmer festen Kundenstamm hat und dort im Wesentlichen immer dieselben
Aufgaben erfüllt. So wird auch hier Rechtsicherheit geschaffen. besonders wenn es Veränderungen in der Personalie der
Vertragspartner gibt.
Fazit
Als Unternehmer kann man sowohl Auftraggeber wie auch Auftragnehmer sein. Man kann also bei einer Betriebsprüfung
der Deutschen Rentenversicherung Bund plötzlich als Arbeitgeber dastehen oder aber genauso plötzlich seinen Status als
Selbständiger verlieren.
Beides ist möglich! Was kann man tun?
Ich würde folgendes empfehlen:
1. Eine Prognonseentscheidung erwirken. Hierbei sind, aus meiner Sicht, zwei Dinge entscheidend. Zum einen sollte
ein Werkvertrag ausgearbeitet werden, der die Kriterien einer abhängigien Beschäftigung beachtet und so gestaltet
ist, dass diese nicht erfüllt werden. Ein solcher Vertrag sollte unbedingt von einem Rechtsanwalt gefertigt werden,
schon deshalb, weil dann gewährleistet wird, dass die aktuelle Rechtsprechung Beachtung findet. Zum anderen,
dass die tatsächlichen Gegebenheiten mit den Vertragsbedingungen übereinstimmen, also beachtet werden.
Es hilft nicht der beste Vertrag, wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass die tatsächlichen Gegebenheiten nicht
mit ihm übereinstimmen. Ausschlaggebend ist immer noch das tatsächlich gelebte Vertragsverhältnis.
2. Sollte im Statusfeststellungsverfahren entschieden werden, dass eine Beschäftigung vorliegt und das
Auftragsverhältnis - auch bei einer Prognoseentscheidung - weiter angestrebt werden, dann unbedingt eine
Entscheidung der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV einholen. Sollte dabei festgestellt werden, dass es
sich um eine arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit handelt dann besteht für den Auftragnehmer lediglich
Rentenversicherungspflicht. Wenn es sich bei dem Auftragnehmer um einen Existenzgründer handelt bzw. du
bist Auftragnehmer und Existenzgründer, dann ist es möglich, dass es zu keinen weiteren zusätzlichen Kosten aus
diesem Vertragsverhältnis kommt. Aber nur, wenn sich der Existenzgründer für die ersten drei Jahr seiner
Tätigkeit von der Rentenversicherung hat befreien lassen oder selbst in die Rentenversicherung einzahlt.
Sollte sich ergeben, dass es sich um eine unselbständige Tätigkeit handelt, erfährst du als Arbeitgeber dann genau
in welchen Versicherungszweigen Versicherungspflicht vorliegt und wo nicht. Du hast dann Rechtssicherheit.
3. Hast du als Einzelunternehmer - ohne Mitarbeiter - einen festen Kundenstamm für den du in verschiedenen
Zeitabständen gleichgeartete Arbeiten durchführst lohnt sich auf jeden Fall eine Gruppenfeststellung zu erwirken.
Vorteil hierbei ist, eine wiederholte Statusfeststellung muss nicht erfolgen (bei neuen Vertragsabschlüssen) und
darüber hinaus - sollte es sich bei dem Auftraggeber um ein Unternehmen handeln wo die Entscheidungsträger
- personell - auch wechseln könnten, dann hast du mit dem Vorlegen der Gruppenfeststellung den Vorteil, auch
Mitbewerbern gegenüber, das diese Entscheidungsträger in einem Vertragsverhältnis mit dir bereits
Rechtssicherheit haben und eine Zusammenarbeit mit dir ihre Transaktionskosten minimiert.
4. Da es sehr schwierig für Unternehmen ist zu erkennen, ob derjenige der bei ihnen arbeitet wirklich der Unternehmer
ist der beauftragt wurde oder ein Mitarbeiter dieses Unternehmens, sollte bei einer Auftragserteilung eine
Einbeziehung von "Subunternehmer" durch den Auftragnehmer ausgeschlossen werden. Ob ein solcher Vertragsinhalt
letztlich auf das Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens Einfluss hat ist fraglich, da ja laut Gesetz in diesem
Verfahren die tatsächliche Vertragsumsetzung entscheidend ist. Eine entsprechende Anfrage habe ich bei der
Deutschen Rentenversicherung Bund gestellt. Leider habe ich noch keine Antwort erhalten, doch sobald diese
vorliegt, werde ich diesen Artikel vervollständigen. Also könnte es sein, dass ein solcher Vertragsbestandteil lediglich
zivilrechtliche Vorteile bieten. Doch diesbzgl. ist dringend geboten sich anwaltliche beraten zu lassen und
solche Verträge auch durch einen Anwalt vorbereiten zu lassen.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es schon jetzt im Internet Angebote von verschiedenen Firmen
gibt die suggerieren, dass sie den Status eines Vertragsverhältnisses aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht
überprüfen könnten. Dies geschieht teilweise in einer solchen Art und Weise, dass Interessenten den Anschein gewinnen,
das eine Beurteilung eines Vertragsverhältnisses aus der o.g . Sicht eine Art Rechtsverbindlichkeit hat.
Dies ist nicht so! Auf Nachfrage bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund wurde eindeutig
gesagt, dass ausschließlich eine Entscheidung dieser Clearingstelle Rechtssicherheit bietet.
Es gibt auch seriöse Firmen deren Mitarbeiter jahrelang Erfahrung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts
haben, doch diese geben auch an, dass sie lediglich begleitet tätig werden. D. h., sie stellen Anträge für ihre Kunden
bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, erläutern deren Antwort, sofern es sich dabei auch um eine
Anwaltskanzlei handelt, könnte diese dann auch Hilfestellung bei eventuellen Einsprüchen oder Anhörungen
leisten.
Wichtig ist hierbei immer, und auch dies wurde mir durch die Clearingstelle mitgeteilt, dass man einen Bescheid
der Deutschen Rentenversicherung Bund in den Händen hält. Denn nur mit diesem Bescheid von dieser Stelle
gibt es auch einen Schutz vor zukünftigen Rechtsänderungen und somit auch Schutz vor Rückgriffen durch die Sozialversicherungsträger, denn ein solcher Bescheid hat Rechtskraft für alle Sozialversicherungsträger.
Noch ein Hinweis; an den Kriterien woran festgemacht wird ob es sich bei dem Vertragsverhältnis, welches
Gegenstand einer Überprüfung ist, um eine Scheinselbständigkeit handelt oder ein arbeitnehmerähnliches
Vertragsverhältnis hat sich nichts geändert. Die IHK Wiesbaden hat dazu etwas veröffentlicht wie auch das
Informationsportal Arbeitgeber. Ich möchte aber auch auf den 1. und den 2. Teil eines Beitrags zu diesem Thema
auf dieser Seite hinweisen, die sich damit beschäftigen.
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