ALG II - vereinfachte Beantragung - Altersvorsorge - Weiterbewilligung

 

 

 

Seitdem die ersten Selbständigen, welche von der Corona-Krise stark betroffen waren und sind, von dem Angebot der Bundesregierung Gebrauch gemacht haben und einen vereinfachten Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt haben, höre und lese ich immer wieder, dass diese Antragstellung keinesfalls vereinfacht sei und das Altersvorsorgen als Vermögen angerechnet werden. Nunmehr kommt noch dazu, dass nach fast einem halben Jahr die Ersten von den Jobcentern angeschrieben werden um einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen. Doch warum dies? Hieß es nicht es muss kein Weiterbewilligungsantrag gestellt werden?

 

Nun was sagen die gesetzlichen Bestimmungen darüber. Schauen wir es uns an.

 

Das hier angesprochene vereinfachte Verfahren für die Antragstellung des ALG II fußt auf dem - Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozial-schutz-Paket) - . Hier wurde vorallem der § 67 SGB II entsprechend angelichen. Eine Beantragung war ursprünglich vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 möglich. Dies ist aber nunmehr verlängert worden bis zum 30.09.2020 - nachzulesen im Bundesgesetzblatt. Sieht man sich den Antrag an und legt einen herkömmlichen Antrag daneben ist dieser vereinfachte Antrag wirklich einfacher. Doch wenn man in einer Partnerschaft lebt oder Kinder hat kommen natürlich noch entsprechende Anlage dazu. Ist auch logisch, weil in Hilfen aus dem SGB II an eine Haushaltsgemeinschaft gezahlt werden und nicht an eine Einzelperson. 

 

In diesem vereinfachten Verfahren spielt die Größe der Wohnung sowie die Höhe der Miete keine Rolle - diese wird für den Bewilligungszeitraum - der hier lt. Gesetz von einem Jahr auf ein halbes verringert werden kann - übernommen. Dann gibt es noch die Aussage, dass es keine Vermögensprüfung geben wird. Im Antrag sind für diese Frage zwei Kästchen zur Wahl anzukreuzen Liegt das verwertbare Vermögen über 60.000 Euro für den Haushaltsvorstand und 30.000 für jedes weitere Mitglied des Haushalts. Ist dies der Fall besteht i. d. R. kein Anspruch auf Leistungszahlung. Doch das Jobcenter prüft dann die Regeln für Freibeträge und Schonvermögen. Und hier sind wir schon bei der Lösung der Frage: Was ist verwertbares Vermögen? Einen guten Überblick gibt hier die Seite - HartzIV.org. Auch die Freibeträge sind hierbei zu beachten - gerade bei denjenigen die schon älter sind können sie ausschlaggebend sein.

 

Liegt man auch nach einer Überprüfung der Freibeträge und des Schonvermögens über den o. g. Wert des verwertbaren Vermögens könnte man auf die Weisung zum Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus sowie ergänzende Regelungen verweisen. Unter dem Punkt 1.2. (8) heißt es u. a.

 

(8) Sofern sich bei der nach dem Bewilligungszeitraum, für den die erleichterten Bedingungen galten, wieder durchzuführenden Vermögensprüfung herausstellt, dass die Antragsteller*innen über anspruchsausschließendes Vermögen verfügen, dessen sofortige Verwertung ihnen aber nicht möglich oder nicht zumutbar ist, werden ihnen Leistungen für Folgezeiträume als Darlehen gewährt (§§ 9 Absatz 4, 24 Absatz 5 SGB II). Die Antragsteller*innen dürfen insoweit grundsätzlich auch nicht darauf verwiesen werden, eine sofortige Verwertung sei ihnen möglich, wenn sie schon während des sechsmonatigen Zeitraums nach § 67 Absatz 2 Satz 1 SGB II entsprechende Veranlassungen getroffen hätten. Die Antragsteller*innen sind während dieser sechs Monate weder verpflichtet, ihr Vermögen zu verwerten, noch müssen sie entsprechende Vorbereitungen dazu treffen. Andernfalls würde der Schutzzweck des § 67 Absatz 2 SGB II unterlaufen.

 

Solltest du also über die Freibeträge hinausgehendes verwertbares Vermögen besitzen es aber unzumutbar wäre dieses zum jetzigen Zeitpunkt zu verwerten, du aber dringend Gelder benötigst um deinen Lebensunterhalt über eine überschaubaren Zeitraum zu bestreiten - dann könntest du anfragen ob es möglich wäre dir die Hilfe als Darlehen zu gewähren. Es ist zumindestens einen Versuch wert, da du ja dein Vermögen entweder für deine Altersvorsorge geschaffen hast oder/und als Sicherheit für dein Unternehmen - falls wie jetzt - Einlagen notwendig werden um deine Zukunft zu sichern.

 

Kommen wir zum anderen Punkt - die Weiterbewilligung. Viele sind davon ausgegangen, dass falls eine Zahlung von ALG II über den Zeitraum von sechs Monaten nötig wird diese ohne Weiterbewilligung genehmigt wird. Eine zugegeben verwirrende Formulierung dazu findet sich in dem geänderten § 67 (5) SGB II. Doch wenn man genau hinschaut ist dem nicht so. Denn dort heißt es: 

 

(5) Für Leistungen nach diesem Buch, deren Bewilligungszeitraum in der Zeit vom 31. März 2020 bis vor dem 31. August 2020 endet, ist für deren Weiterbewilligung abweichend von § 37 kein erneuter Antrag erforderlich. Der zuletzt gestellte Antrag gilt insoweit einmalig für einen weiteren Bewilligungszeitraum fort. Die Leistungen werden unter Annahme unveränderter Verhältnisse für zwölf Monate weiterbewilligt. Soweit bereits die vorausgegangene Bewilligung nach § 41a vorläufig erfolgte, ergeht abweichend von Satz 3 auch die Weiterbewilligungsentscheidung nach § 41a aus demselben Grund für sechs Monate vorläufig.

 

Dies trifft also für diejenigen die den vereinfachten Antrag auf ALG II ab dem 01.03.2020 gestellt haben nicht zu. Für wenn und warum gibt es dann diese Regelung?

Sie betrifft diejenigen die bereits vor dem 01.03.2020 einen Antrag auf ALG II gestellt hatten und vor dem 01.03.2020 bewilligt bekommen haben - also die normale Version der Antragstellung. Und warum? Dazu führt das Jobcenter Salzgitter in seinen FAQ zum Thema aus:

 

"Wegen der COVID-19-Pandemie werden viele Menschen vorübergehend finanzielle Engpässe bewältigen müssen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass deutlich mehr Menschen Leistungen nach dem SGB II beantragen. Zugleich werden auch die Jobcenter Personalausfälle infolge der Pandemie kompensieren müssen. Die Weiterbewilligung ohne erneuten Antrag auf Grundlage der bisher gewährten Leistungen ermöglicht eine erleichterte Weiterbewilligungsentscheidung ohne erneute Prüfung. Soweit technisch möglich, kann sogar zentral eine automatisierte Entscheidung erfolgen. Dies entlastet die Jobcenter in erheblichem Maße. Dies gibt allen - den Menschen, die schon im Leistungsbezug stehen sowie denen, die jetzt einen Antrag stellen müssen - mehr Sicherheit, dass sie nicht plötzlich mittellos dastehen. Die Jobcenter können so ihre Ressourcen auf die Bearbeitung von Erstanträgen konzentrieren und damit gewährleisten, dass möglichst niemand in existenzielle Notlagen gerät."

 

Fazit:

 

Der § 67 (1) wurde dahingehend geändert, dass die Leistungen aus dem SGB II im vereinfachten Verfahren bis zum 30.09.2020 beantragt werden können. Mehr wurde nicht im Gesetz geändert - fragt sich - betrifft dies auch den Absatz 5 und damit die Stellung oder Nichtstellung eines Weiterbewilligungsantrages? Nun ich habe eine diesbzgl. Anfrage beim Bundesarbeitsministerium gestellt und sobald ich eine Antwort habe werde ich diese hier im BLOG einfügen wie auch auf meiner Facebookseite bekannt geben.

 

Eine Vermögensprüfung kann auch bei einem vereinfachten Antrag erfolgen, sobald du das zweite Kästchen ankreuzt oder wenn dem Jobcenter starke Anhaltspunkte vorliegen, dass verwertbares Vermögen vorhanden ist du aber nicht das erste Kästchen angekreuzt hast. Dann wird überprüft ob es sich über wirklich verwertbares Vermögen handelt oder Schonvermögen und ob es eventuell unter den Freibetragsgrenzen liegt. Sollte dies nicht zutreffen und eine Verwertung unzumutbar könnte dir entweder ALG II gewährt werden oder du beantragst das dieses als Darlehen gewährt wird.

 

Falls du über den 31.08.2020 hinaus weiterhin ALG II benötigts musst du - nach jetztigem Kenntnisstand einen Weiterbewilligungsantrag stellen.

 

Noch etwas zum Abschluss. Ich habe auch gehört wie auch gelesen, dass viele Selbständige aus Scham kein ALG II beantragen obwohl sie sehr wohl antragsberechtigt und leistungsberechtig sind. Dies ist nicht gut. ALG II wird aus Steuergelder gezahlt - es ist eine Solidartätsleistung für diejenigen die in eine finanzielle Notlage gekommen sind. Es gibt Unterstützung seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, weiterhin sozial abgesichert zu sein und damit den Kopf frei zu haben um seine Rückkehr in die normale Erwerbstätigkeit zu planen und zu realisieren. Du hast in all den Jahren deine Steuern gezahlt und hast damit anderen geholfen und nun bist du mal dran.

Wenn du Hilfe bei der Antragstellung brauchst - frag beim Arbeitslosenverein nach oder auch bei der Charitas - die helfen bestimmt. Gerade wenn du noch keine größeren Vermögen vorzuweisen hast und nicht in einer Partnerschaft lebst wo ein ausreichendes regelmäßiges Einkommen vorhanden ist, solltest du diesen Weg gehen. 

 

Jeder kann in die Lage kommen wo er Hilfe braucht. Nimm diese einfach an, das ist nicht verwerflich.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Antalja (Donnerstag, 06 August 2020 13:29)

    Vielen Dank für den inhaltsreichen und nützlichen Beitrag!