Neuanfang durch Insolvenz

 

 

 

 

Du hast dein Unternehmen aufgebaut, es lief gut, du hattest Pläne für die Zukunft. Dann kam ein Einschnitt. Unvorhersehbar wie ein Blitzeinschlag - so wie jetzt der Coroanvirus - . Du hast Soforthilfen beantragt und erhalten, du hast Hilfen für deine private Lebenshaltung beantragt und erhalten, du hast eventuell auch Kredite erhalten, du hast ein neues Unternehmenskonzept erarbeitet und umgesetzt aber leider es wird zu spät greifen, da die in der Krise angehäuften Schulden mit den erst langsam steigenden Einnahmen nicht mehr zu stemmen sind.

 

Was passiert nun? Du bist Einzelunternehmer und du hast nicht die Rechtsform einer UG gewählt. Damit bist du lt. Gesetz  für alle Schulden deines Unternehmens unmittelbar, primär und unbeschränkt haftbar. D. h., der Gläubiger kann sich direkt und sofort an dich wenden und die Haftung ist betraglich unbegrenzt da du auch mit deinem Privatvermögen im vollem Umfang haftest. Sollte einer oder mehrere deiner Gläubiger über die Schulden im Besitz eines vollstreckbaren Titels sein, besteht die Schuld i. d. R. dreißig Jahre. In diesen Jahren wird dein Vermögen von dem Gläubiger ständig überprüft und du bist zur Zahlung dieser Schuld weiterhin verpflichtet.

 

Was kannst du tun? Du kannst versuchen zusätzliche finanzielle Mittel aufzutreiben. Dies wird schwierig werden, da du ja schon fast alles ausgeschöpft hast. Falls du ein Unternehmenskonzept hast von dem auch andere überzeugt sind, könntest du einen stillen Gesellschafter in dein Unternehmen holen oder einen Investor davon überzeugen sein Geld in deinem Unternehmen anzulegen. Wenn dies aber alles nicht funktioniert bleibt nur noch die Insolvenz.

 

Insolvenz heißt seine Schulden nicht mehr einlösen können. Im § 1 der deutschen Insolvenzverordnung heißt es, das es Ziel ist die Gläubiger zu befriedigen aber auch das Unternehmen zu erhalten und dem Schuldner die Gelegenheit zu geben sich von den restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

 

Wann bist du eigentlich insolvent. Insolvenz entsteht durch Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder, ausschließlich bei juristischen Personen, durch Überschuldung.

 

Insolvenz anmelden kannst du selbst aber auch jeder deiner Gläubiger. Als Einzelunternehmer bist du nicht verpflichtet diese anzumelden, dies kann sich aber faktisch ergeben. Wenn du z. B. trotz der Kenntnis deiner Zahlungsunfähigkeit oder drohenden Zahlungsunfähigkeit weiterhin Verpflichtungen eingehst die die Begleichung bereits bestehender Schulden einschränkt oder gar unmöglich macht. Dann hat der Gläubiger das Recht einen Antrag auf Versagen der Restschuldbefreiung zu stellen. D.h., du kommst nicht in den Genuss der Befreiung von den verbleibenden Schulden. Abgesehen davon, dass ein solches Verhalten auch den Straftatbestand eines Betruges darstellt.

 

Hierzu noch ein aktueller Hinweis. Gläubiger die jetzt einen Insolvenzantrag stellen können dies nur tun, wenn der Grund der Insolvenz bereits vor dem 01.03.2020 gelegen hat. Dies soll Unternehmen die in Folge der Coronakrise in Zahlungsschwierigkeiten gekommen sind schützen. Darüber hinaus ist ein Zögern deinerseits ein Insolvenzverfahren im Zeitraum zwischen dem 01.03. und dem 30.09.2020 zu beantragen, kein Grund für einen Gläubiger eine Antrag auf Verweigerung der Restschuldbefreiung zu stellen. Aber achte darauf, dass dies nur zutrifft auf die Zahlungsunfähigkeit auf Grund der Auswirkungen der Coronakrise. Um im Nachhinein zu beweisen, dass die Schieflage des Unternehmens durch diese Krise bedingt ist solltest du genau dokumentieren, wie sich die Liqudität im Unternehmen entwickelt. Am Besten beginnst du mit diesen Aufzeichnungen ab Januar 2020, dann kann noch erkannt werden wie die normale Liquditätslage des Unternehmens war und wie sich dann entwickelt hat. 

 

Also, falls du zahlungsunfähig bist oder eine Zahlungsunfähigkeit droht dann stelle einen Antrag auf Insolvenz. Solltest du dein Unternehmen zwischenzeitlich nur noch nebenberuflich führen und z. B. eine nichtselbständige Tätigkeit aufgenommen haben, würde das Verbraucherinsolvenzverfahren zum Tragen kommen  - unter der Bedingung, dass du nicht mehr als bei 20 Gläubigen Schulden auswiest und das keiner dieser Gläubiger Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen geltend macht. Solltest du weiterhin freiberuflich oder selbständig tätig sein greift hier das Regelinsolvenzverfahren.

Bei diesem Insolvenzverfahren ist die Möglichkeit geschaffen worden, dass die Kosten für das Verfahren gestundet werden können so dass, die Eröffnung des Verfahrens nicht mangels Masse abgelehnt werden kann. Damit wird auch ermöglicht, dass du das Untenehmen trotz Insolvenz weitergeführen kannst. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit geschaffen, da ihm bekannt ist, dass Selbständige nach Einstellung ihrer Tätigkeit sehr selten wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können und das die Chancen für die Gläubiger ihre Forderungen zu befriedigen steigen.

 

Ein speziell auf die Sanierung des Unternehmens ausgerichtetes Verfahren ist das Insolvenzplanverfahren. In diesem Verfahren können Vereinbarungen getroffen werden, die vom Regelverfahren abweichen. Das Ziel ist es, das Unternehmen zu sanieren und fortzuführen. Dabei verzichten Gläubiger auf eine Teil ihrer Forderungen mit der Erwartung das diese zukünftig aus den Erträgen des Unternehmens bedient werden.

 

Was passiert, wenn das Unternehmen nicht saniert werden kann und letztlich liquidiert würde? In diesem Fall schließt sich hier die Wohlverhaltensphase an. Diese dauert i. d. R. sechs Jahre, gezählt ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diese Zeit kann aber verkürzt werden auf drei Jahre, wenn bis dahin 35 % der Schulden zurückgezahlt und die Verfahrenskosten beglichen wurden. Sonst kann die Phase auch nach fünf Jahren beendet werden, wenn die Verfahrenskosten bezahlt wurden.

 

Stellt sich die Frage, wie hoch sind die Verfahrenskosten und was ist in der Wohlverhaltensphase zu beachten?

 

Die Verfahrenskosten werden durch das Gericht festgelegt, sie richten sich nach dem Wert der Insolvenzmasse, daher kann das stark variieren. Häufig wird aber ein Gerichtskostenvorfschuss gefordert der sich zwischen 1.500 und 3000 Euro bewegt. Wenn du nicht imstande bist diesen Betrag zu zahlen kannst du einen Antrag auf Stundung stellen. Das Gericht legt dann die Raten entsprechend deiner wirtschaftlichen Situation fest. Solltest du die Raten nicht während der Wohlverhaltensphase zahlen können, dann musst du sie danach abzahlen.

 

Die Wohlverhaltensphase:

  • In der Wohlverhaltensphase musst du das Nettoeinkommen was über der Pfändungsgrenze liegt an einen Treuhänder abführen.
  • Du musst eine Arbeit ausüben entsprechend deiner Qualifikation und deines Gesundheitszustandes (auch bei Kindern ab einem bestimmten Alter). Bist du arbeitslos musst du nachweisen, dass du dich intensiv um Arbeit bemühst und du darfst zumutbare Arbeit nicht ablehnen.
  • Du darfst auch selbständig arbeiten, musst dem Treuhänder dann aber von deinem Gewinn alles abführen was über der Pfändungsgrenze liegt.
  • Erhältst du eine Schenkung oder ein Erbe musst du 50 Prozent an den Treuhänder abführen. Du bist aber nicht zur Annehmung eines Erbes gezwungen.
  • Wechselst du deinen Wohnsitz oder deinen Arbeitgeber muss der Treuhänder wie auch das Gericht zwei Wochen vorher darüber informiert werden.
  • Anfragen vom Treuhänder oder vom Gericht musst du innerhalb von zwei Wochen beantworten.
  • Der Treuhänder muss von dir bezahlt werden, entweder aus pfändbaren Vermögen oder falls nicht vorhanden aus unpfändbarem Vermögen.
  • Du zahlst Tilgungen nur an den Treuhänder nicht an einzelnen Gläubiger.

Wenn du diese Phase hinter dir hast und es keine Beanstandungen gab, dann wirst du von dem Rest der Schulden befreit. Du bist wieder schuldenfrei. Schuldenfrei für alle Schulden bzgl. des Insolvenzverfahrens, falls du danach neue Schulden eingegangen hast zählen diese nicht zur Schuldbefreiung.

 

Es ist kein leichter Weg aber es ist ein Weg um wieder zu einem normalen Leben zurück zu finden. Du kannst dein Unternehmen sanieren oder du kannst nach spätenstens sechs Jahren schuldenfrei neu anfangen dein Leben zu leben. Wenn du trotz Zahlungsunfähigkeit oder deren Drohung diesen Weg nicht gehst wird dich dies noch den Rest deines Lebens verfolgen. Du hast Angst Post zu öffnen oder dein Emailkonto, Angst vor dem nächsten Anruf, Angst vor dem nächsten Einkauf wo deine Geldkarte nicht mehr funktioniert, Angst ob du noch beliefert wirst, Angst ob du noch deine Miete bezahlen kannst. Die Reihe lässt sich fortsetzen.

 

Und dies hat auch Auswirkungen auf deine Persönlichkeit und dein persönlichens Umfeld. Ein Zeitraum von maximal sechs Jahren ist überschaubar. Du kannst dich einrichten auch seelisch, da es ein greifbares Ziel gibt. Das sogenannte Licht am Ende des Tunnels. Aber was machst du, wenn du dieses Licht nicht siehst, wie lange glaubst du wird es dauern bis die ersten Freunde nicht mehr anrufen oder bis gar deine Partnerschaft zerbricht. Warum das? Es ist keine Schande, wenn du Insolvenz anmeldest, damit bist du nicht allein. Gerade jetzt nicht, in der Coronakrise. Der Grund kann aber auch ein anderer sein, Gesetzesänderungen, geopolitische Entscheidungen, Naturkatastrophen u.a.. Natürlich auch du selbst. Aber dann lernst du daraus und machst es dann das nächste mal besser. Eine Lehrerin hatte einmal den Satz gesagt: "Fehler selbst erkannt und verbessert ist immer noch eine Eins."

 

Ein Insolvenzverfahren ist eine Chance damit der sogenannte Pleitegeier nicht den Rest deines Lebens über dir kreist.

 

Noch etwas zum Abschluss. Dieser Beitrag kann nicht alles zum Thema Insolvenz sagen, dafür ist das Thema viel zu umfangreich und unterliegt auch aktueller Rechtsprechung die ständig in diese Verordnung einfließt, daher wende dich an einen Rechtsanwalt der auf Insolvenzrecht spezialisiert ist. Schon eine Kleinigkeit die du vergessen hast oder nicht weißt kann das Verfahren unterbrechen oder die Tür die du geöffnet hast wieder schließen.

 

 

Folge mir auf Facebook. Ich freue mich auf deinen Besuch.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0