Neben der teilweise sachlichen Berichterstattung in den Nachrichten und Zeitungen gibt es auch jede Menge Spekulationen die ich immer wieder in sozialen Netzwerken sehen kann. Diese sind einerseits geschürt durch den Mangel an Informationen, Erlebnisberichten von einer leider mitunter sehr schlechten Reaktion von Behörden auf Antragsteller und andererseits auch dadurch, dass viele Betroffene mit der Situation schlichtweg überfordert sind und sich eigentlich danach sehnen das sie ein Geländer zum festhalten haben, dass sie durch die Wirrnisse dieser Zeit führt.
Ich möchte versuchen ein kleines virtuelles Geländer zu bauen und hier einige Hinweise in gebündelter Form geben. Natürlich kann es sein, dass du schon das Eine oder Andere irgendwo gelesen hast aber der Vollständigkeit halber möchte ich hier alle mir bekannten Informationen weitergeben.
Fangen wir systematisch an. Widmen wir uns zunächst deinem Untenehmen.
Soforthilfen
Diese Hilfen sind Zuschüsse die der Bund bzw. die Länder betroffenen Soloselbständigen, Kleinstunternehmen oder kleinen Familienbetreiben zur Verfügung stellen.
Diese müssen nicht zurückgezahlt werden - hier gibt es aber auch die Information, dass später über die Steuererklärungen gepüft werden soll ob die Inanspruchnahme der Hilfe gerechtfertigt war,
war dies nicht der Fall soll diese ganz oder teilweise zurückgezahlt werden -. In Anspruch genommen kann diese für laufende Mietzahlungen, Kreditraten, Leasingraten und sonstige
Fixkosten.
Die Beträge die durch den Bund zur Verfügung gestellt werden belaufen sich auf eine jeweilige Höchstsumme von entweder 9.000 bzw. 15.000 Euro. Bei Unternehmen bis zu 5 Angestellten ist der Höchstbetrag von 9.000 Euro gültig, bei Betrieben bis zu 10 Beschäftigen der Betrag von 15.000 Euro. Zu beachten ist dabei, dass Angestellter nicht gleich Angestellter ist. Hier werden nur Vollzeitäquivalente gezählt. Heißt mit anderen Worten; wenn du 6 Angestellte in deinem Betrieb hast und zwei arbeiten nur halbtags dann hast du in dieser Rechnung hier nur 5 Angestellte und es ist damit die Grenze von 9.000 Euro gültig. Achtung, Auszubildende zählen als Vollzeitäquivalent.
Die Soforthilfe ist auf drei Monate begrenzt. Was heißt das im Umkehrschluss. Beispiel: deine Miete, Kreditrate und sonstige Fixkosten betragen im Monat 2.000 Euro und in deinem Betrieb arbeitest du und zwei Angestellte; dann hast du einen Anspruch auf 6.000 Euro. Der Rest bleibt erst einmal stehen, denn falls dein Vermieter die Miete um 20 % senkt, dann kann dir von dem Rest noch einmal für zwei Monate Hilfe gegeben werden. In meinem Bespiel wäre dies also normalerweise 4.000 Euro da aber nur 9.000 Euro maximal zur Verfügung stehen bekommst du also auch nur 3.000 Euro.
Dies sind die Bedingungen für die Soforthilfe des Bundes. Wie die Soforthilfe in deinem Bundesland geregelt ist kannst du hier finden. Da die Hilfen des Bundes ab Freitag zur Verfügung stehen sollen, kann es sein, dass einige Bundesländer noch Modifikationen ihrer Programme vornehmen. Da in meinen Link aber jeweils der Link direkt zu den Coroanhilfen deines Bundeslandes steht hast du dort immer ein aktuelles Bild.
Kredite
Hier habe die Länder wie auch der Bund bereits bestehende Programme um eine Coronahilfe erweitert. Der Bund hat die Voraussetzungen um einen Kredit zu erhalten
gelockert und die Mindestanforderunge an die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens deutliche reduziert. Du kannst dich hier über die Bedingungen der KfW informieren, damit du dich auf das Gespräch mit deiner Bank
entsprechend vorbereiten kannst. Dies ist notwendig, da Kredite die von der KfW gewährt werden über die Hausbank (auch Direktbanken) oder einen Finanzierungspartner (Liste der Finanzierungspartner findest du im Link bei der KfW) beantragt werden
müssen.
Bereite dich gut vor, da es leider auch Banken gibt die an der Vermittlung solcher Kredite nicht interessiert sind, da sie nichts daran verdienen. Doch bedenke, die Kredite der KfW sind zinsgünstiger und, was in der jetzigen Situation sehr wichtig ist, man kann mit der Tilgung bis zu zwei Jahre aussetzen. Wenn dies nicht der Fall ist, wie willst du diesen Kredit zurückzahlen. Für die ersten Tilgungen nimmst du Geld aus dem Kredit, dass deinem Unternehmen dann nicht mehr zur Verfügung steht und später, wenn du wieder aufmachst wird sich das auch nicht so schnell ändern, da die Einnahmen auch erst wieder an ihre frühere Höhe heranreichen müssen. Fazit du musst eine höheren Kredit aufnehmen als du normalerweise brauchst nur um ihn zu bedienen.
Kurzarbeitergeld und Leistungen zur Sozialversicherung
Kurzarbeitergeld muss von dir als Arbeitgeber beim Arbeitsamt beantragt werden. Dieses Geld wird jetzt noch rückwirkend zum 01.03.2020 gezahlt. Da du bei Kurzarbeitergeld die Sozialversicherungsbeiträge selbst zahlen musst hat die Bundesregierung eine Gesetzänderung vorgenommen, so dass diese nunmehr auf Antrag pauschaliert von der Arbeitsagentur übernommen werden. Den Text der Gesetzesänderung auf die du dich bei der Antragstellung berufen kannst findest du hier.
Für die Zeit bis zur Bewilligung deines Antrages kannst du eine zinslose Stundung bei der jeweiligen Krankenkasse beantragen. Berufe dich dabei auf das Rundschreiben des GKV Spitzenverbandes. Dies ist auch wichtig falls du Minijobber in deinem Unternehmen beschäftigst, da für diese die Kurzarbeiterregelung nicht gilt.
Da, wie gesagt, für Minijobber die Kurzarbeiterregelung nicht gilt und falls du sie nicht mehr beschäftigen kannst, musst du sie leider entlassen. Falls du weniger als 10 Mitarbeiter in deinem Unternehmen beschäftigst gilt nicht das Kündigungsschutzgesetz. Hier kannst du ohne Kündigungsgrund kündigen aber die Kündigungsfristen sind einzuhalten. Da du für diese Zeit weiterhin Lohn und Lohnnebenkosten zahlen musst ist das Rundschreiben des GKV wichtig für dich.
Solltest du mehr als 10 Beschäftigte haben gilt das Kündigungsschutzgesetz und du müsstest eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, hierbei musst du neben den Kündigungsfristen aber auch beachten, dass du eine Sozialauswahl triffst. Tust du dich nicht kann die Kündigung unwirksam sein.
Noch eines, für dich selbst kannst du nur versuchen bei deiner Krankenkasse zu erwirken, dass du nur den Mindestbeitrag bzw. den Basisbeitrag zahlen musst. Solltest du aber ALG I oder ALG II erhalten bist du ohnehin von der Leistung der Krankenkassenbeiträge befreit.
Steuern
Wenn du zu denjenigen gehörst die Steuervorauszahlungen leisten müssen, egal ob Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer oder Solidaritätszuschlag kannst du eine
zinslose Stundung bei deinem zuständigen Finanzamt beantragen. Für die Gewerbesteuer musst du eine Änderung des Gewerbesteuermeßbetrages beantragen. Das Bayrische Landesamt für Steuern hat
auf seiner Internetseite ein Antragsformular
eingestellt das bundesweit gültig ist. Beachte aber, Lohnsteuer und Kapitalertragssteuer können nicht gestundet werden. Nähere Informationen findest du auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums. Auch kannst du
die Höhe der zukünftigen Steuervorauszahlungen vermindern, indem du einen Antrag auf Herabsetzung dieser bei deinem Finanzamt stellst. Das kannst du formlos selbst machen (im Intenet gibt es auch
Musterschrieben dazu) oder du gibts dieses Anliegen an deinen Steuerberater weiter.
Beachte aber immer eine Stundung bedeutet nicht, dass du die Gelder nicht zahlen musst. Die Zahlungen sind nur aufgeschoben. Wenn du deine Liquiditätsplanung vornimmst lass dies unbedingt mit einfließen. Diese Planung solltest du auch vor den Stundungsanträgen vornehmen, so dass du dem Finanzamt mitteilen kannst ab wann du die Steuern nachzahlen kannst bzw. in welcher Ratenhöhe (neben den dann fälligen normalen Zahlungen). Dies gilt auch für gestundete Beiträge zur Sozialversicherung.
Allgemeines
Deine gewerbliche Miete musst du weiterhin zahlen. Wenn die Überbrückung durch die Soforthilfe nicht ausreichend ist und du auch keine Möglichkeit für die Zukunft
deines Unternehmens siehst, bliebe nur den Vertrag zu kündigen wegen dem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Dies wäre aber nur möglich wenn es keine realistische Lösung mehr gibt den Vertrag am
Leben zu erhalten. Anwaltlicher Rat ist hier umbedingt von Nöten.
Falls du Insolvenz beantragen musst wurden hier Erleichterungen in diesem Gesetz vorgenommen. So wurde die Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Geschäftsführer haften nur noch eingeschränkt für Zahlungen. Während der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht dürfen neue Kredite gewährt werden, Leistungen an Vertragspartner sind nur eingeschränkt anfechtbar und es wird die Möglichkeit von Gläubiger ein Insolvenzverfahren zu erzwingen für eine Frist von drei Monaten eingeschränkt. Verschiedene Fragen dazu sind auf der Seite des Bundesjustizministeriums beantwortet.
Widmen wir uns nun deinem privaten Bereich. Solltest du nicht mehr arbeiten können oder du arbeitest aber erzielst keine oder nur geringe Umsätze dann musst du eine Möglichkeit finden um deinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Hier gibt es zwei Situationen:
- Du bist in einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung oder du hast noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld aus einer Beschäftigung vor deiner Selbständigkeit. In diesem Fall kannst du ALG I beantragen.
- Du zahlst in keine freiwillige Arbeitslosenversicherung ein und du hast keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld, dann musst du ALG II beantragen. Hier wurden Erleichterungen geschaffen. So wird das vorhandene Vermögen - sofern es nicht erheblich ist - nicht angetastet. Der Verbleib in der Wohnung wird gesichert, d. h. es greifen nicht die üblichen Regelungen wonach du bei einer zu großen oder zu teurern Wohnung diese aufgeben müsstest oder es würde dir nur ein Teil der Miete gezahlt. Weiterhin wird die Regelung für den Kinderzuschlag umgestaltet.
Es gibt ebenfalls Änderungen im Mietrecht. Vermieter können Mieter aufgrund von Zahlungsrückständen nicht kündigen. Dies ist zunächst bis zum 30.09.2020 befristet. Auch bei Darlehensverträgen gibt es Erleichterungen, wie Stundungsregelungen und Vertragsanpassungen. Näheres findest du hier.
Abschließend möchte ich noch hinzufügen,
- Panik und planloses Vorgehen sind schlechte Ratgeber und führen zu nichts.
- Schreib dir auf wo du Hilfe brauchst, guck dir an ob es dafür Hilfen gibt und wenn ja wo und welche. Ordne alles nach Proritäten.
- Arbeite eines ab und dann beginne mit dem nächsten. Multitasting gibt es nicht und ist hier mehr als schädlich. Unterlagen sind dann nicht vollständig oder Antragsformulare sind nicht korrekt ausgefüllt. Dann können sie auch nicht bearbeitet werden. Du stellst dir selbst ein Bein.
- Und denke daran, auch wenn alles nun schnell und unbürokratisch gehen soll, in den Behörden und Banken arbeiten auch nur Menschen. Dort sind auch Mitarbeiter krank, viele Mitarbeiter arbeiten von zu Hause und können also nicht mal schnell ihren Kollegen um Rat fragen, es dauert also etwas. Und sie sind auch weiterhin an die Gesetze gebunden, d. h. wenn deine Antragsformulare nicht vollständig sind oder falsch ausgefüllt liegt die längere Bearbeitungszeit oder gar die Ablehnung eines Antrages bei dir und nicht bei der Bank oder der Behörde. Diese kann nur nach vorliegender Aktenlage entscheiden und du reichst diese Akte ein.
Ich wünsche dir viel Glück und Ruhe. In der nächsten Woche werde ich hier eine Beitrag zu dem Thema "Was kann ich jetzt für meine Unternehmen tun und wie rüste ich es für die Zeit Postcoroana" veröffentlichen. Ich würde mich freuen wenn ich dich dann hier wieder begrüßen kann.
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Heike Vogt (Donnerstag, 26 März 2020 12:37)
Liebe Frau Behnke,
dieser BEitrag ist eine super Unterstützung für uns. Herzlichen Dank für die Arbeit.
LG Heike Vogt
Florian Münter (Sonntag, 29 März 2020 19:24)
Dieser Bericht bringt eine Menge Klarheit. Ich hoffe nur das es nicht wieder eine Menge Ganoven gibt, die diese Situation ausnutzen und sich versuchen zu bereichern.Mit freundlichem Gruß
Florian Münter